Mehr zur Theorie der gegenseitigen Abschreckung
Das Konzept der Friedenserhaltung durch gegenseitige Abschreckung (Dissuasion) bildete sich allmählich heraus, als nach 1945 die umfassende Vernichtungskraft der Kernwaffen ins Bewusstsein der politisch Verantwortlichen drang. In der offiziellen Militärdoktrin der USA fand der Begriff erstmals im Jahr 1961 Verwendung.
Die sogenannte MAD-Doktrin (mutually assured destruction, auf Deutsch „wechselseitig zugesicherte Zerstörung“, abgekürzt MAD), auch Gleichgewicht des Schreckens oder nukleare Abschreckung, war kein von Staaten oder anderen souveränen Organisationen festgehaltenes Dokumt. Die Doktrin bezeichnete vielmehr eine Situation bzw. einen Zustand, der von den Kontrahenten im Kalten Krieg geprägt wurde. Die Grundannahme der MAD-Doktrin besteht darin, dass keine Nuklearmacht so irrational wäre, für die vollständige Vernichtung des Gegners mit Nuklearwaffen auch die vollständige Vernichtung des eigenen Landes in Kauf zu nehmen. Deswegen nimmt man an, dass die Kontrahenten auf einen atomaren Erstschlag verzichten, wennsie davon ausgehen müssen, dass der Gegner danach noch die Möglichkeit eines Gegenschlages hätte. Dies führt zu einem zwar spannungsgeladenen, aber dennoch stabilen Frieden.
Um die Doktrin umsetzen zu können, müssen alle potenziellen Kontrahenten eine Overkill-Kapazität aufrechterhalten, so dass auch nach der Zerstörung eines großen Teiles der eigenen Atomwaffen der verbleibende kleinere Rest noch zur völligen Zerstörung des Angreifers ausreichen würde. Von Bedeutung ist auch der Aufbau eines schwierig zu ortenden und zu zerstörenden, redundanten Systems von interkontinentalen Kernwaffenträgern. Man spricht von der „nuklearen Triade“ aus strategischen Bombern, land- und seegestützten Interkontinentalraketen. Letztere sind sehr schwer zu orten und eignen sich daher besonders als Zweitschlagswaffe.
Die Doktrin fand ihre hauptsächliche Anwendung in der Zeit des Kalten Krieges zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion. Die MAD-Doktrin wurde als Garant dafür gesehen, dass es zu keinen direkten Zusammenstößen zwischen den Supermächten kommen konnte. Sie gerieten stattdessen in so genannten Stellvertreterkriegen indirekt und vermittelt aneinander.
Gegen Ende des Kalten Kriegs wandten sich die Supermächte zu Gunsten vertrauensbildender Maßnahmen zusehends vom MAD-Konzept ab, blieben jedoch auch nach 1989 geopolitische Antagonisten. Die atomare Kraft, welche beide Mächte letztendlich gemeinsam hatten, wäre in der Lage gewesen, die Welt ca. zwölf Mal zu zerstören.
In begrenztem Ausmaß besteht zwischen den beiden verfeindeten Staaten Indien und Pakistan seit ihrem Aufstieg zu Atommächten eine MAD-Situation. Aufgrund des vergleichsweise kleinen nuklearen Arsenals würde ein nuklearer Schlagabtausch zwischen diesen Mächten jedoch nicht zu der für MAD-typischen weitreichenden Vernichtung führen.
Quellen:
wikipedia.de, grin.com, lothar-binding.de